Die Reise vom bayrischen „Krampfkampfsieg“ zum „Elend-gegen-Sorge-Spiel“ nach Jena

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1. Reiseetappe: In Julias Ex-Heimat zu Bayern München (1:2)

Am 23.Februar rollte der Fanbus nach längerer Pause wieder einem Auswärtsspiel entgegen, zu einem wichtigen Spiel nach München. Die gespannten Erwartungen an den Spielort „Stadion Grünwalder Straße“ inmitten der bayrischen Hauptstadt waren eindeutig zu hoch und wurden somit enttäuscht: Viel grauer und halbverwahrloster Beton und ebenso viel Absperrungsgitter empfingen uns und das Stadion durfte nur auf zwei Fleckchen bewohnt werden: auf der Haupttribüne, die den ca.1000 bayrischen Zuschauern vorbehalten war und der sogenannte Block O, der zwar liebevoll von den heimischen Organisatoren ausgeschildert worden war, aber sonst nur eine „Oh-oh…“ auslöste. Schräg gegenüber der Haupttribüne, und wirklich nur dort, durften sich die Potsdamer Fans und Sympathisanten im gefühlten Abseits versammeln. Und wehe, jemand neu Eintreffendes kam vom Wege ab und wollte sich tatsächlich auf einen der tausenden freien Plätze im „Nachbarbuchstaben-Block“ setzen und genau auf die Mittellinie schauen. Nichts da –  den „Platzwärtern“ entging keine Fehlleitung;-) Ein leeres Stadion mit zwei Fleckchen Leben –  das war also der neue Spielort für die bayrischen Mädels. Aber die Begegnung mit dem einer oder anderen bayerischen Fans außerhalb des Stadions gestaltete sich als erstaunlich herzlich und freundlich.

Das Spiel selbst war ein Krampfkampfspiel, viele verbissene Zweikämpfe, Unmengen an Stockfehlern, ein Spielfluss mit fanbegeisternden Spielzügen war Seltenheit. Die Torbienen taten sich schwer und spielten entgegen ihrer gezeigten Testspielqualität der Vorbereitungsphase. Selbst das 30minütige Spiel gegen eine Unterzahl-Mannschaft, nachdem Nico Cross die rote Karte erhalten hatte, war nicht spürbar.

Das Abklatschen „hinter Gittern“ mit der Mannschaft erwärmte dann das Fanherz – und auch die Tatsache, dass Wolfsburg drei Tage später in Bayern verlor. Somit schienen die Torbienen eine taktisch kluge Trainingsmaßnahme für die Mannschaft aus Julias Ex-Heimat geboten zu haben… Egal, ob „krampfkampfig“ oder nicht – der Sieg heiligte die Spielmittel.

Und so meinten die Turbine-Fans nach dem glücklichen Spielausgang, einem 2:1 für Potsdam, dass sich nun die lange Fahrt gelohnt habe. Immerhin währte der Sonntagsausflug gut 20 Stunden – mitten in der Nacht war man in den Bus ein- und wieder entstiegen. Und die hohe Anzahl der konkurrierenden Geburtstagskinder an Bord belebte das „Buslage“-Geschäft und sorgte, genau wie Daggis Geburtstagsliedgesang übers Bus-Mikrofon, für ein fröhliches Busgereise.

2. Reiseetappe: Ins „Paradies“ nach Jena (0:2)

Eine Woche später, dank „Eurosport“ an einem Sonnabend, dem 1. März, setzte sich der Fanbus erneut in Bewegung, diesmal in Richtung Jena zum Lokal-Derby. Das Wort „Fanbus“ ist an dieser Stelle eine Untertreibung, den zwei (!) Busse rollten ab Berlin-Zoo mit Halt in Potsdam und Michendorf nach Thüringen. Das muss betont werden, da auch „Eurosport“ diesen Fakt mehrmals während der Live-Berichterstattung betonte. Noch dazu reisten viele Fans privat per Auto und Bahn an, sodass eine stattliche Kulisse hinter der Auswechselbank von Potsdam zustande kam.

Und hier beginnt die Lobeshymne auf das Stadion am Ernst-Abbe-Sportfeld: Von Hochwasserschäden war nichts mehr zu spüren, ein geeignetes und hübsches Stadion für den Frauenfußball, nicht zu groß, sauber und modern, gekrönt vom historischen „Carls-Zeiss“-Stadionturm aus den 20er Jahren und den Bergen des Thüringer Waldes im Hintergrund. Ein „Frauenfußball-Paradies“ im doppelten Sinne, wobei natürlich nichts über „Karli“ geht;-)

Die Fanbusse waren eine Stunde früher als notwendig gestartet, um Zeit für die „fanfreundschaftlichen Begegnungen“ zwischen Jena und Potsdam einzuräumen. Diese Zeit blieb leider ungenutzt. Anstelle eines euphorischen Jenaer Fan-Spaliers standen die Potsdam-Fans vor verschlossenen Stadioneingängen, obwohl sie sich extra mit dem Fanfreundschaft-Schal bekleidet hatten. Dafür bildeten sich osttypische Schlangen vor den Stadionkassen. Später soll es dann wohl vereinzelte Fanbegegnungen gegeben haben und der eine oder andere Turbine-Fan durfte sich über einen Jenaer Kalender- oder Wimpelgeschenke freuen. Kurz und gut –  die investierte Zeit stand hier in keinem Verhältnis zum erwarteten Eventcharakter.

Aber es sollte später die spontane und somit wahre Fanfreundschaft im Stadion geben: Als sich Ria Percival schwer am Knie verletzte und die Potsdamer Fangesänge „Gute Besserung“ lautierten, antworteten die Jenaer Fanblock mit „Danke, Potsdam, Danke!“. Überhaupt sei an dieser Stelle den Jenaer Fans ein respektvolles Stimmungs-Lob entgegen geschmettert, denn sie standen der gewohnt lauten Potsdamer „Fangesangstrommelei“ in keiner Weise nach.

Ja – und das Spiel?

Räusper. Räusper.

Die erste Halbzeit war für die Fans, und sicherlich auch für die Mannschaft und die Trainer, eine Qual. Ein Fan meinte, auf dem Platz würde gerade Sorge gegen Elend spielen. Ein unverhofft  frühes Tor von Simic entschuldigte die Spielweise nicht, der Unmut der Fans steigerte sich aufgrund fehlender Spielzüge incl. vermisstem Kurzpassspiel, zu vieler hoher Bälle, Stockfehler und dem spielzerstörenden Gepfeife der Schiedsrichterin.

Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt und so hoffte man auf eine besser anzuschauende 2.Halbzeit. Als diese Hoffnung begann dann doch zu sterben und der bekannte Potsdamer Fangesang „Potsdam –olè“ mutierte dann zu „Potsdam – oje“.

Kurz danach fiel das 2:0 durch Ayoma. Ein schönes Kopfballtor nach Vorlage von Lisa Evans.

So endete auch das von der Qualität her wenig begeisternde Spiel, ein „Scheißspiel“ (nicht der 0-Ton der Schreiberin, sondern…). Und als Balsam für die Fanseele gestaltete sich der Fakt, dass die Torbienen nun Spitzenreiter für eine Nacht seien, denn Frankfurt sollte erst am Sonntag gegen Freiburg (souverän) nach- und in der Tabelle wieder vorbeiziehen.

Mögen diejenigen Potsdam-Fans, die die zweiwöchige Länderspielpause dazu nutzen, um dem internationalen Frauenfußball an die Algarve zu folgen, mehr Spielgenuss erleben als die Fans, die die ersten beiden Auswärtsspiele von Turbine live verfolgt haben.

Fotos und Bericht: Susanne Lepke

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