Gekämpft und verloren

Abklatschen mit Feli (Foto: sas)

Spielbericht zur F-Bundesliga-Begegnung Turbine Potsdam gegen den VfL Wolfsburg am 21.09.2019

 

Live und in Farbe – trotz „Sportschau“-Sekunden

Spitzenspiel im „Karli“ – bei bestem Fußballwetter! Strahlender Sonnenschein, nicht zu warm, nicht zu kalt. 2000 Zuschauer_innen strömten an dem spielvorverlegten Sonnabend ins Stadion, nach längerer Zeit mal wieder eine grandiose Zahl! Auch der Oberbürgermeister Mike Schubert gehörte zu den Zuschauenden.  

Die besten Fans der Liga

Der Vorverlegung auf den Sonnabend winkte eine mindestens 30-sekündige Zusammenfassung in der ARD-Sportschau als Lohn. Die Allgemeinheit freute es dezent, den Kellermann ärgerte es… so die Presseberichterstattung. Am Ende waren es doppelt so viele Sekunden… die DFB-Medienoffensive kommt ins müsame Rollen;-)

Wie dem auch sei, das Spiel findet auf dem Rasen statt. Live vor Ort zu sein ist eh das Beste. Und wenn der Frauenfußball im „Karli“ zelebriert wird, dann sind emotionale Feuerwerke vorprogrammiert. Ganz besonders dann, wenn die beste Mannschaft der Liga auf die besten Fans der Liga trifft.

Ab durch die Mitte (Foto: sas)

Quirliges Stadiontreiben vor Spielbeginn

Die Vorbereitungen liefen: Ein Fanbus aus Wolfsburg rollte ein. Die TP-Trommler_innen übten verbissen für die Trommel-Challenge, die die Physiotherapeutin und Fanmannschaftstrainerin Jessi ausgerufen hatte. Spieltipps wurden in Abstimmungsurnen eingeworfen, Stücke vom Kuchenbasar gekostet, QR-Codes für die Stimmabgabe im Sinne der Umweltaktion: TP-Pfandbecher anstatt Plastikmüll gescannt.

Das Kommende im Blick (Foto: sas)
Das wird eine haarige Angelegenheit (Foto: sas)

Die 1. Halbzeit

Und dann stürzten sich alle munter und energiegeladen in die Partie des 4. Spieltages. Wolfsburg war bisher der einzige Verein ohne Punktverlust aus den ersten drei Spieltagen. Es galt, sich selbstbewusst und kämpferisch entgegenzustellen – mit jugendlicher Leichtigkeit und Frische.

Aber Wolfsburg zockte souverän und begann eiskalt, in dem Gunnarsdottier aus 25 Metern einfach mal abzog und den Ball bereits in der 3. Spielminute an Fischis Händen vorbei versenkte. Tja, ein knallhartes 0:1 zum ernüchternden Wachwerden – wie ein eiskalter Waschlappen im Gesicht landend. Und Wolfsburg zielte weiter ununterbrochen aufs Tor, unsere Torbienen kamen kaum über die Mittellinie. Die Wölfinnen schossen unentwegt scharf rechts und links am Tor vorbei, und weil das nicht zum erwarteten Erfolg führte, hatte die Schiri ein Erbarmen und zeigte in der 35. Minute auf den Elfmeterpunkt. Die grandiose Spielerin Penille Harder, die am Ende des Spiels als „Player of the match“ gekürt wurde, trat an – und schoss vorbei! Ähm… ja…. Ein Wahnsinnsglück aus Potsdamer Sicht – und innere Genugtuung.

Kurz vorm Ende der ersten Halbzeit gab es dann eine wunderbar herausgespielte Torchance der Torbienen zu bewundern, als Gasper auf Prasnikar flankte und damit die Wolfsburger Abwehr ausknockte, jedoch Laras Kopfball nur die Latte berührte. Das ließ hoffen! Und so ging man mit diesem frühen und trotzdem unveränderten 0:1-Halbzeitstand in die Pause.

Diese 15-minütige Auszeitwurde u.a. für ein Fan-Duell genutzt: ein Wolfsburger Fan trat gegen den TP-Fan Dieter im Fußballweitschießen an. Wolfsburg gewann und Dieter freute sich über den Trikotpreis.

Die 2. Halbzeit

Auf ging es in die zweite Halbzeit. Beide Mannschaften hatten in der Kabine einen längeren Trainertext zu hören bekommen. Wolfsburg wollte endlich mal das Tor treffen und damit den Sack zu mache. Potsdam wollte verbissener gegenhalten und vom Unentschieden träumen. Und so schoss Wolfsburg weiterhin munter und scharf rechts und links am Tor vorbei, manchmal auch direkt in Fischis Hände. Die Starspielerin Ewa Pajor kniete einmal flehend vorm Tor, nachdem sie eine dieser 110%-igen versiebt hatte.

Die Torbienen hielten in kämpferisch hochgradiger Haltung dagegen und kamen immer besser ins Spiel. Ein sehenswertes Fußballspiel, das mehr als eine „60-Sekunden-Sportschau“ wert war. Doch 15 Minuten vor dem Schluss sollte Pajors Sternstündlein kommen: Sie netzte aus kurzer und spitzwinkliger Distanz abgeklärt zum 0:2 ein. Nun ja, steter Tropfen höhlt nun mal den Stein…

Dann kochten die Emotionen hoch und die Gefühlsfluten traten über den Karli-Rasen. Ein Zusammenstoß der unermüdlich kämpfenden Anna Gasper mit Gretas Landsfrau Lindahl wurde von der Schiedsrichterin nicht als Strafstoß geahndet. Das führte zu Buh-Rufen im Publikum. Die bisher gefühlte einseitige Behandlung verstärkte sich immens. Wolfsburgs Fallschule zeigte im Gegensatz zu der Nutzung von Torchancen große Früchte.

Trotz des 0:2-Rückstandes und des psychischen Unmutes steckten die Torbienen nicht auf. Einfach ehrenhaft und großer Sport! Es kam nun tatsächlich zu guten Torchancen durch Gasper, Chmielinski und Zadrazil. Aber es sollte nicht sein. Nur Gunnarsdottir meldete sich vom Anfang zurück und beendete die Partie in der 90. Minute mit einem späten Treffer. Die Rahmenhandlung war gelungen…

Fazit

Das Ergebnis sagte nichts über die Spielqualität aus. Eine Niederlage, mit der die Mannschaft wie auch die Fans gut annehmen können. Eine Niederlage, bei der die Trikots schweißgetränkt gewaschen werden müssen.

Und die Fans wie auch die Torbienen haben Sveni Huth und Feli Rauch immer noch lieb.

Ausblick

Nun geht es am kommenden Sonnabend wegen der „Sportschau“-Sekunden nach Essen. Das wird eine spannende Partie, nachdem Hoffenheim gegen Essen einen 7:0-Kantersieg eingefahren hatte. Der Fanbus rollt.

Ach, Mädels, wir lieben euch!

Text: Susanne Lepke

Fotos: Saskia Nafe (sas) und Renè Teichmann –  Herzlichen Dank!




Mit dem 3. Platz verabschiedet

Spielbericht zur
AFBL-Begegnung VfL Wolfsburg gegen 1.FFC Turbine Potsdam am 12. Mai 2019

Ankunft in der Dieselstadt – der Bus ist leer (Foto: ein Wob-Fan)

Zum letzten Mal in dieser Saison 2018/19 waren die Turbinefans
unterwegs mit Feli Rauch (wie Qualm), Svenja Huth, Lisa Schmitz, Amanda
Illestedt, Melissa Kössler (Inga Schuldt und Wibke Meister). Die Strecke zum
Spielort lag diesmal im Nahdistanzbereich: Lächerliche 2,5 Stunden Fanbusfahrt bis
zur „Dieselstadt“ standen an. Wolfsburg ist berühmt für seine künstlichen
Gewässer, Glasfassaden und Betonbauten und die menschliche Leere am Abend. Eine
Pendlerstadt, in die man durchaus mal pendeln kann, wenn es sich lohnt. Und es
lohnt sich tatsächlich dann, wenn die Torbienen dort frei aufspielen.

Selbstgemachte Waldmeisterbowle von Bimbo, dem Torwart (Foto: sule)

Aufgrund dieser Nahdistanz wollten diesmal mehr Fans als
sonst per Bus anreisen, sodass eine XXL-Version dieses Gefährtes von unseren
netten Fanbusfahrern Peter und Detlef gelenkt werden musste. Diesmal ohne
Kaffee- und WC-Luxus an Bord, dafür mit selbstgemachter Waldmeisterbowle, gebraut
von unserem Star-Torwart der blauen Fanmannschaft des vergangenen Wochenendes. Nach
der Ankunft in der Stadt der vier gemauerten Schornsteine nahmen im Bus noch
zwei Bierkästen Platz, gesponsert vom Fallrückzieher-Profi Ingo, ein Turbinefan,
der ganz nah bei Wolfsburg wohnt und trotzdem nur ganz selten dorthin fährt.
Sein Herz schlägt blau, und zwar ganz lebendig und beim Anblick von Schmidti manchmal
rasend.

Unterwegs hielt der Bus einmal an einer Raststätte an, weil „der
ganze Bus Pipi musste“ (Zitat aus einem bekannten Songtext des Fanbus-Repertoires).
Danach rollte sofort der Ball über den Asphalt – und zwar immer wieder ganz galant
an der Hinterlassenschaft einer Dogge vorbei. Die Turbinefans mussten unbedingt
im Leistungstraining bleiben, denn nach dem Spiel ist vor dem Spiel…!

Das grüne Fanfest

Angekommen im nicht sehenswerten Wolfsburg nahm die
Busmannschaft für ein Foto Aufstellung, um sich dann im grünen Fanfest zu
tummeln. Ein Mitglied der erfolglosen VfL-Männermannschaft hatte sich extra
fünf Minuten nach dem Training Zeit genommen, um für ein Interview auf der Fanfestbühne
bereit zu stehen. Für das sich anschließende Spiel nebst Meisterschaftsfeier reichte
seine Zeit jedoch nicht.

Aus aktuellem Anlass der Meistschaftsfeier der Damen gibt es eine Sonderausstellung (der Männer) (Foto: sule)

Dafür stolperte man alle 10 Meter über Werbeaufsteller, die
auf eine Sonderausstellung über die VfL-Männer hinwies, die vor 10 Jahren mal
Meister geworden waren. Dass die Frauen heute live und in Farbe ihre
Meisterschaftsehrung erhalten würden, versiegte unglücklich im Hintergrund. Der
Fanshop der Männerabteilung präsentierte übrigens ein unerwartet überschaubares
Angebot an Fanartikeln. Aber die Trikots mit den männlichen Spielernamen reichten
aus, um das AOK-Stadion grün zu färben.

Beim Fanfest gab es übrigens nur eine Hüpfburg (und nicht
protzige drei), keine Autogrammstunden mit den Spielerinnen und schon gar kein Fußballspiel
der Fanmannschaften, die erst recht nicht von den Wölfinnen persönlich angefeuert
oder gecoacht wurden. Es gab auch keine auf dem Rasen überreichten Fangeschenke
und keine grüngefärbten Rosen. Aber es war laut. Also VOR dem Stadion, aufgrund
der Musikbeschallung.

Verabschiedungen
gemäß Protokoll

Drinnen wohnten dem letzten Heimspiel immerhin 3.400
Zuschauer_innen bei. Aber die hörte man kaum. Keine euphorischen Meisterschaftsgesänge
der Fans vor dem Anpfiff, dafür eine immer wieder in die Kopfstimme kippende
Ansage des Stadionsprechers.

Fotocollage-Lightversion für Hansen (Foto: sas)

Nach der offiziellen Verabschiedung von sechs Spielerinnen,
u.a. Nilla Fischer, die auch euphorischen Applaus von den Turbinefans erhielt,
und nach dem Geburtstagsständchen für Babett Peter, das die Turbinefans
anstimmten und mit dem Winken von Babett gewürdigt wurde, sollte der Ball
rollen.

Blaue Schals zu grüner Hymne (Foto: sas)

Die Wölfinnen mussten nichts mehr leisten, die Meisterschaft
war bereits vor dem Spiel errungen. Deshalb blieb der Stürmerstar Ewa Pajor mit
der Nr.17 auch erstmal auf der Bank.

Die erste Halbzeit

The Queen of Energy (Foto: sas)

Das „Sie-werden-platziert-Management“ von Wolfsburg hatte
sich für Lisa Schmitz‘ Abschiedsvorstellung etwas ganz Besonderes überlegt.
Herrschte in den meisten Auswärtsstadien für die Gäste-Fans freie Platzwahl, so
wurden die über 100 Turbinefans diesmal im Stehplatzbereich hinter dem Tor (de)platziert.
Aber diese „Abseits-Stellung“ eröffnete völlig neue Perspektiven und
Möglichkeiten! 45 Minuten Ehre für Lisa Schmitz und eine starke Unterstützung
für die Potsdamer Abwehr. Mit Erfolg! Denn mit einem 0:0 ging es in einer
ausgeglichenen Partie in die Halbzeitpause, nachdem die Torbienen eine wirklich
gute, kämpferische Leistung gezeigt hatten. Es gab Torchancen für Potsdam, mit Selbstbewusstsein
wurden Zweikämpfe angenommen und die Turbinefans konnten bei dem einen oder anderen
gescheiterten Torschussversuch der zahnlosen Wölfinnen ihr „1-2-3 – und wieder
mal vorbei“ anstimmen. Eine unterhaltsame erste Halbzeit, die einfach nur Spaß
machte.

Hände weg von Sarah! (Foto: sas)

In der Halbzeitpause wurde diesmal nicht mit Fanartikel-Kanonen
auf die Fans geschossen, der „#Vielfalt-Pazifismus“ hat in Wolfsburg erfreulicherweise
Einzug gehalten.

Die zweite Halbzeit

Schmidti auf Tuchfühlung mit Pajor (Foto: sas)

Die zweite Halbzeit begann, wie die erste geendet hatte. Ausgeglichen,
spannend, sehenswert. Doch dann wurde nach 10 Minuten Ewa Pajor eingewechselt,
deren Spielweise man nur mit herunterhängender Kiefernlade verfolgen konnte, so
verblüfft war man von deren Schnelligkeit, Zackigkeit, Courage und Abgebrühtsein.
Die mischte ihre Truppe auf, heizte sie an und brachte die Wölfinnen zum Aufjaulen.
Jetzt war Stimmung in der grünen Bude (jeweils auf dem Rasen…) und Penille
Harder nutzte einen Abstauber zum 1:0. Nun hatten die Wolfsburger Fans endlich einen
Anlass, ihre Hände zusammenzuführen, um damit ein hörbares Geräusch zu erzeugen.

Tor – und die Wölfin Nr.17 brüllt (Foto: sas)

Als Reaktion versuchte sich Sarah Zadrazil an einem
Ausgleichstreffer, aber da Almuth diesmal nicht das Tor hütete, war sie auch
nicht schuld. Es blieb aber nicht lange beim 1:0, denn Ewa Pajor musste, wollte,
konnte – einen Nachschuss zum 2:0 verwandeln, nachdem Lisa Schmitz den ersten
Torschuss noch gut pariert hatte. Dieser Doppelschlag der Wölfinnen binnen von
vier Minuten zerknickte den Stachel der Torbienen, doch die Turbinefans selbst
hatten weiterhin ihren Spaß: „Ohne Potsdam wär‘ hier gar nichts los“
skandierten sie.

3. Platz-Freude (Foto: urmel)

Die Potsdamerinnen zeigten bei ihrem letzten Spiel der Saison ihr Gesicht und deshalb konnte man sich als eingefleischter Live-Fan diese Niederlage mit Genuss ansehen und mit Stolz annehmen. Luca Graf wird zukünftig vor wichtigen Spielen in einer Fantalk-Runde „geimpft“, denn dann zeigt sie eine selbstbewusste und kämpferische Spielweise. Mindestens zwei Turbinefans waren der Meinung, dass aus ihr eine zweite Tabbi werden könne.

Als zwei weitere Auswechslungen bei den Wolfsburgerinnen erfolgten,
um den Starspielerinnen Nilla Fischer und Caroline Hansen einen ehrwürdigen Abgang
zu verschaffen, erwachten die Wolfsburger Fans und begleiteten die langanhaltenden
Umarmungsszenen mit kräftigem Applaus. Die Uhrzeiger tickten trotzdem weiter –
und ohne Nachspielzeit wurde das Spiel pünktlich abgepfiffen.

Abschiedsgruß für die grünen Fans (Foto: sas)

Während die Vorbereitungen für die
Meisterschaftszelebrierung liefen, feierten die Turbinefans das glückliche
Saisonende: Hatte doch die SGS Essen überraschend gegen den vermeintlichen Absteiger
Leverkusen verloren! Also am Ende Platz 3 für Turbine Potsdam – als reiner
Frauenfußballverein eine akzeptable Leistung. Alle Meckerer sollten an dieser
Stelle mal schweigen.

Der schale
Beigeschmack der Schale

Spieglein, Spieglein, in der Hand… (Foto: sas)

Ein paar abschließende Worte zur beobachteten Meisterschaftsfeier:
Wenn der Erfolg zur Gewohnheit wird, dämmt das den emotionalen Schwall. Vor
laufender Kamera strahlten die Spielerinnen und hüpften auf und nieder, als sie
dann aber zur Stadion-Ehrenrunde aufbrachen, wirkte die Euphorie fast wie weggeblasen.
Schleppender Schritt, Einzelaktionen, keine Rudelbildung. Aber die grünen Fans
auf der Gegengerade freute es trotzdem – und sie wurden auch von den
Spielerinnen Danksagungen bedacht. Auch eine Fan-Choreo gab es vor Spielbeginn kurz
zu sehen. Irgendwas mit „Herz“ stand da drauf. Und hohe Frauenstimmen zu hören…

Augen zu und rein (Foto: sas)

Das war’s für diese Saison, nun kehrt Fußballruhe in der
Liga ein. Entzugserscheinungen kann man mit der WM in Frankreich therapieren.

Wünsche und Termine

Wir wünschen all unseren Torbienen und Ex-Torbienen eine
gute Zeit und einen schönen Sommer. Natürlich auch den zehntausend Turbinefans
und unserem Busfahrerpärchen Peter und Detlef sowie unserem Fanfahrten-Manager
Hartmut.

Stimmung ohne Konfetti (Foto: urmel)

Am 24. Mai findet die Mitgliederversammlung des 1.FFC Turbine Potsdam statt.

Am 6. Juli steigt unser Fanclub-Sommerfest auf der Kegelbahn in Michendorf.

Wir sehen uns energiegeladen, hoffnungsfroh und gesund zur Saisonvorbereitung
der Flyeralarm-Liga wieder.

Text: Susanne Lepke

Fotos: Saskia Nafe (sas), Susanne Lepke (sus), Gunther Schmidt (urmel), eine freundliche Wolfsburger Fanfrau




Bienenstich – ein leckeres Stück Fußballkuchen

Spielbericht zum Bundesliga-Spitzenspiel: Turbine Potsdam gegen den VfL Wolfsburg am 05.12.2018

 

Gesungen und geträllert Foto: sas)

Auch den Tag danach verbrachten die Turbinefans im Rauschzustand. Ein atemberaubendes Spiel am Vorabend unter Flutlicht und auf eisglitzerndem Fußballrasen hatte sich in den Augen und Köpfen der Frauenfußballfans festgebrannt. Selbst die durchtrainierte Svenja Huth spürte am Tag danach einen kleinen Muskelkater, und Lisa Schmitz lobte ihren Stellvertreterin in höchsten Tönen.

 

Die Rahmenbedingungen

Englische Woche, Teil 2 – der Goliath VfL Wolfsburg war zu Gast im „Karli“. Ein vibrierendes Spitzenspiel stand auf der Bundesliga-Tagesordnung, denn der ungeschlagene Gast und Tabellenerste wurde vom Tabellendritten zum Duellieren empfangen.

Der Tabellenzweite Bayern München war Wochen zuvor in Wolfsburg gnadenlos mit einem 6:0 abserviert worden. Diese Schmach sollte sich natürlich nicht wiederholen, zu hoch war der preußische Stolz – und die Zuversicht.

Zwei erfahrene Spielerinnen

Es hatte sich sogar ein Fanbus aus Wolfsburg auf den Weg gemacht und das überschaubare grün-weiße Völkchen verteilte sich in Grüppchen im Karli, um die eigene Mannschaft mitten in der Woche anzufeuern. Insgesamt gesellten sich knapp 1.500 Zuschauende ins Karli und harrten bei 0 Grad – mithilfe von Glühwein – aus.

Die Stimmung im Stadion war brillant. Ununterbrochen ertönten die Anfeuerungsrufe, Fangesänge, Trommelschläge und Fanfarentöne im „Hexenkessel“ zu Babelsberg.

Des Trainers Tipp lautete: 2:0 oder 2:1, was eine selbstbewusste und optimistische Ansage bedeutete. Das Ziel, den Wölfinnen ein Gegentor einschenken zu wollen, war ebenfalls eher wunschgesteuert, denn die Wolfsburger Prachtabwehr, u.a. mit Nilla Fischer, und mit der Nationalhüterin Almuth Schult im Tor, glichen einer unüberwindbaren Hürde. Die Wölfinnen reisten unverwundet und erfolgsberauscht an.

Rasenstürmer (Foto: sas)

Turbine Potsdam wies zwar nach einem dezentem Fehlstart zu Saisonbeginn eine erfolgreiche Entwicklung mit fünf Siegen in Folge auf. Und der Kantersieg (8:1) gegen Duisburg vom vergangenen Sonntag hatte auch das Selbstbewusstsein der Mannschaft gestärkt. Noch dazu weist Turbine mehr deutsche Nationalspielerinnen als Wolfsburg auf, was aber nicht unbedingt mit der sportlichen, sondern mit der finanziellen Stärke begründbar ist.

Also war ein Spiel auf Augenhöhe insgeheim gewünscht, aber nicht unbedingt erwartet, denn die Wolfsburger Sterne leuchteten vorm Anpfiff stärker im Babelsberger Abendhimmel.

 

Die erste Halbzeit

Los ging’s – mit derselben Startelf wie gegen Duisburg. Den ersten 52 Sekunden gehörte der Ball den Torbienen. Das gab schon mal Hoffnung. Und sie hielten verdammt gut dagegen! Ein enorm schnelles Spiel mit einem Riesenportion an Kampfgeist und Zweikämpfen entpuppte sich. Und trotz dieses kampfbetonten Spiels gab es in der ersten Halbzeit keine gelben Karten. Die Schiedsrichterin zerpfiff nicht das Spiel, ermahnte hier und da, es war eine insgesamt sehr fair geprägte erste Halbzeit – ohne Schauspielerei.

Mit jeder Haarspitze im Zweikampf präsent (Foto: sas)

Und wenn man die grün-weiße Starfußballerin Ewa Pajor beobachtete, konnte man trotz aller einheimischen Fanvorlieben ins Schwärmen geraten. Jojo Elsig war gut auf sie eingestellt und meisterte ihre Aufgabe hervorragend. Es galt, die Null möglichst lange zu halten und keine Laufduelle zuzulassen. Die Torbienen waren taktisch sehr gut auf die Gäste eingestellt und der Reporter der Liveübertragung auf Telekom und DFB TV bemerkte an einer Stelle, dass die Eckballausführung an eine Hoffenheimer Variante erinnere, die damals zu einem Gegentor für die Wölfinnen geführt hatte.

Anna Gaspers Spielhaltung begeisterte, Sarah Zadraziel und Gina Chmielinski wirbelten im Mittelfeld, Bianca Schmidt agierte erfahren, Klara Cahynova ging an ihre physischen Grenzen – wirklich jede Spielerin gab ihr mehr als 100 Prozent.

Spielbezeichnende Momentaufnahme (Foto: sas)

Die Mannschaft kämpfte hochgradig engagiert um jeden Zentimeter. Wolfsburg kam zwar in der ersten Halbzeit zu mehr Torchancen als Turbine, aber die noch junge Ersatztorhüterin Vanessa Fischer zeigte das Spiel ihres Lebens. Mehrfach parierte sie souverän und ließ eine Parallele zur damaligen 17-jährigen „coolen Sau“ Anna Sarholz aufkeimen. Vanessa Fischer zeigte Mut, Zuversicht und war hellwach, was die Fans zu wiederholten „Fischi“-Rufen inspirierte. Und die Glücksfee erschien in der 43. Minute in Form eines banalen Torpfostens, der den Torschuss der ebenfalls hochtalentierten Penille Harder einfach abprallen ließ.

Ähm ja – sehr engagiert, die Jojo… (Foto: sas)

Mut machte auch die Beobachtung, dass die Wölfinnen auch Fehlpässe spielen konnten, sich in Zweikämpfen austricksen ließen und eindeutige Torchancen nicht zu nutzen wussten. Und so ging es mit der brillant gehaltenen Null in die Halbzeitpause. Die Fans versuchten auf den Zuschauertribünen durchzuatmen… aber die Euphorie machte es ihnen schwer.

 

Die zweite Halbzeit

Nach der Pause ging es genauso spritzig und pulsierend weiter wie in der ersten Halbzeit. Keine Zeit zum Atmen! Torchancen auf beiden Seiten: Lena Petermann scheiterte im direkten Duell an Almuth Schult und Ewa Pajor vergabe eine hundertprozentige Chance. Aufgrund des konditionell sehr herausfordernden Verlaufs häuften sich nun längere Bälle und auch das Geschiebe und Geschubse in den Zweikämpfen, was zu selten von der Schiedsrichterin (zum Unmut der Fans) gemaßregelt wurde.

Nach gut zwei Dritteln der Spielzeit war es dann so weit: Es klingelte… Einen Abspielfehler im eigenen Strafraum nutzte die abgezockte Ewa Pajor eiskalt aus und zog ab. Die Wölfinnen gingen in Führung und die Beobachtung, dass sich alle VfL-Spielerinnen in einem engen Kuschelkreis unweit der Eckfahne zum Torjubel vereinten, zeugte davon, wie sehr dem erfolgsverwöhnten Team ein Stein vom Herzen gefallen war.

64 Minuten lang war es den Torbienen gelungen, Europas Nr.1 herauszukitzeln und bienenmäßig zu sticheln. Nun war es Fakt, Wolfsburg führte auswärts mit einem zittrig-klaren 0:1. Und die Antwort der Potsdamerinnen?

Sie machten unbeeindruckt weiter!

Und die Fans auch.

 

Frischer Wind

Frische, offensive Kraft kam mit Prašnikar und Schwalm von der Ersatzbank, Chmielinski und Petermann durften sich ausruhen gehen. Potsdam kämpfte unverhohlen weiter, der Mannschaftsgeist war eine wahre Wonne. Und sie wurden tatsächlich für ihre mannschaftliche Geschlossenheit belohnt: Ein Traumtor von Tory Schwalm in der 83. Minute ließ die Nationaltorhüterin dem Ball in Zeitlupe hinterher schauen und die Arme schlaff senken. Diesen Torschuss hatte Almuth Schult unterschätzt. Die Biene hatte zugestochen, die Torbienen feierten und die Fans gerieten in Extase. Und der DFB-TV-Moderator wollte dieses Traumtor noch „17-23 mal“ in der Wiederholungsschleife  sehen.

Gegentor-Jubel

Das Gegentor Nummer drei stammte nun aus Potsdam und es roch nach einem goldigen Unentschieden, das sich aus Potsdamer Sicht wie ein Sieg anfühlte. Auf den Wogen der Anfeuerungen spielten die Torbienen nun leichtbeflügelt und unbeirrt weiter. Wolfsburg erschien in den verbleibenden Minuten eher statisch. Und schon fast frech lag dann den Potsdamerinnen fast noch ein 2:1 auf den Füßen, sodass beim Wolfsburg-Trainer der Eindruck entstand, dass das Spiel auch hätte verloren werden können.

 

 

Gefühlter Sieg

Hochverdiente Auszeichnung zur besten Spielerin (Foto: sas)

Nach zwei Nachspielminuten ertönte dann endlich der Schlusspfiff und die Fans skandierten „Ihr seid die Sieger….schalalala“. Vanessa Fischer wurde zurecht zur besten Spielerin gekürt. Die gesamte Partie war eine Werbung für den Frauenfußball.

Der Reporter der Liveübertragung, im Internet bei DFB-TV zu sehen, war während des gesamten Spiels Feuer und Flamme und man gewann beim Zuhören den Eindruck, dass er etwas mehr für die, den Wolf ärgernde Biene brannte.

Ja, dieser Bienenstich war einfach köstlich! Das derzeitige Weihnachtsgebäck ist völlig überbewertet;-)




Nachtrag zum Spiel gegen VfL Wolfsburg – von Lutz Noeske

Ich möchte Folgendes zum Veröffentlichen mitteilen:

Natürlich will ich Frau Lepkes Bericht nicht in Frage stellen, sondern nur das schreiben, was mich bewegt. Ich habe erst alle für mich greifbaren Meldungen zu unserem Auswärtsspiel in Wolfsburg abwarten wollen, ehe ich mich äußere. Bei DFB-tv musste ich erfahren, dass Lisa nach der Attacke kurz weggetreten war, was ihre Leistung um so wertvoller macht. Deshalb sollte man ihr das 0:1 auch nicht ankreiden. Auch wenn man das nicht tun sollte, möchte ich dieses Mal noch Tabi wegen ihrer zwei wunderschönen und clever herausgespielten Tore sowie Amanda auf Grund der tadellosen Abwehrleistung hervorheben. Aber wer mich kennt, weiß, dass ich noch zu viele Schwachstellen im Team sehe. Wenn diese beseitigt werden könnten, dann sähe es noch besser aus. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.

Wenn Susi nicht schon so wunderschön aus dem AOK-Stadion berichtet hätte, wären meine Eindrücke noch länger ausgefallen. Aber da ich das, was Susi geschrieben hat, auch so formuliert hätte, wenn vielleicht auch nicht so brillant, so hat sie mit ihrem Bericht voll meine Meinung getroffen.

Da ich dieses Mal so stolz auf Turbine war, hätte ich gern nach dem Spiel unsere Mädels umarmt. Aber dann hätte ich Ärger mit Hartmut bekommen, denn der Fanbus kann nicht Rücksicht auf Einzelschicksale nehmen.

So viel für heute.

MfG

Lutz




Pure Almuthion!

Spielbericht zum AFBL-Spiel VFL Wolfsburg gegen Turbine Potsdam am 15.10.2017 – von Susanne Lepke

Goldenes Oktobersonnenwetter herrschte vor, während und nach dem Spitzenspiel zwischen den Raubtieren (Wölfinnen) und den stechenden Insekten (Torbienen). Weit nach dem Ausschlafen startete der Fanbus, diesmal in XL-Ausgabe, um 10.45 Uhr in Potsdam. Vollbesetzt, mit dem wieder genesenen Fanbuskoordinator an Bord, dazu gesellten sich zur üblichen getreuen Fanbusschar vier weibliche Newcomer: Zwei Frauen aus Berlin und zwei schwedische Freundinnen von Amanda Ilestedt. Natürlich allesamt herzlichst übers Busmikrofon begrüßt und beklatscht.

Die kurze Anreise wurde durch zwei Baustellenstaus ausgedehnt, sodass auf die traditionsreiche Pullerpause verzichtet werden musste. Der „Drang“ am Stadioneingang war somit groß.

2041 Zuschauer, mit der entsprechenden Frauenfußballneugier ausgestattet, unternahmen den Sonntagsausflug ins AOK-Stadion, darunter natürlich „10.000 Turbinefans“, so der spontan einsetzende Fangesang nach der Verkündung der Zuschauerzahlen durch den schnellsprechenden Stadionsprecher.
Das VfL-Vereinsmanagement hatte sich eine besondere Begrüßungsgeste für die Potsdamer Fans einfallen lassen: 50 Eintrittskarten zum ermäßigten Preis. Mit 5 Euro war man dabei – und ca. 20 Turbinefans profitierten aufgrund der Altersstruktur auch tatsächlich davon😊

Empfangen von netten Ordnungskräften (keine Ironie) gerieten die Potsdamer Fans auf einen Irrweg und standen mit ihren Platzkarten im diagonal gegenüberliegenden falschen Block. Ein „W“ stand auf der Karte, ein „O(hhh)“ hätte es sein müssen. Aber die Ordner ließen Gnade vor Recht walten und gestatteten den zahlreich erschienenen Turbinefans das Platznehmen im falschen Block. Mürrische Wolfsburg-Fans, die nun ihr Recht auf ihren nummerierten Platz inmitten des blauen Blocks bestanden, ließ man natürlich freundlichst gewähren, aber spätestens nach dem Einsetzen der seichten Trommelklänge flüchteten diese „rechtmäßigen“ Besucher in all die leeren Reihen um sie herum.

Bei der Verkündigung der Mannschaftsaufstellung gewährte der Stadionsprecher den Fans wiederholt keine Chance zum Mitsprechen der Spielernamen. Im Eiltempo ignorierte er den gewöhnlichen Wunsch der Gästefans und hechelte im Mordstempo die Spielernamen herunter. Sei’s drum, in Gütersloh war’s diesbezüglich eine Woche zuvor dreimal so schön.

Das AOK-Stadion ist insgesamt eine hübsche und moderne Stätte. Alles im zarten Frühlingsgrün gehalten, selbst der Rasen ist grün. Einziges Manko ist das Sitzplatzgefühl auf der Gegentribüne, denn hier fühlt man sich eher wie bei Ryanair als bei der Lufthansa. Setzt man sich tatsächlich auf den Sitzplatz, versperrt ein fulminantes Stahlgestänge den Blick aufs Spielfeld. Aber bei solch einem Spitzenspiel sitzt man ja eh nicht…
Faszinierend – oder auch unverständlich – war aus Potsdamer Sicht, dass das Flutlicht während der gesamten Spielzeit mit der Nachmittagssonne um die Wette strahlte, während z.B. die Potsdamer Nikolaikirche bei Nacht nur erahnt werden kann.

Im Gegensatz zu diesem Lux-us stand das kulinarische Versorgungskonzept des Stadions. Man durfte hier in der Halbzeitpause auf keinen Fall plötzlichen Durst oder Hunger verspüren, schon gar nicht bei der heftigen Oktobersonneneinstrahlung von gefühlten 25 Grad. Denn dann wird man jäh von einer langen Warteschlange vor dem einzigen Kioskangebot ausgebremst und muss mit trockener Kehle irgendwann eine wichtige Entscheidung treffen: zweite Halbzeit gucken oder weiterhin auf den Durstlöscher hoffen?

Nun aber zum Spiel:

Dass Potsdam nicht Madrid ist, sollte der Autostadt auf jeden Fall klargemacht werden. Nach dem Kantersieg von 12:2 beim CL-Spiel in Wolfsburg gegen Athletico Madrid galt es nun, aufklärerische und erdende Saiten aufzuziehen. Turbine Potsdam besuchte als Tabellenfünfter den bisher ungeschlagenen Tabellenersten, der bis zum heutigen Spieltag noch kein einziges Gegentor kassiert hatte.

Kaum ertönte der Anpfiff, begann der Schlagabtausch. Ein kampfbetontes Spiel entspann sich, die Torbienen waren hellwach (deren Fans auch) und Wolfsburg benötigte sieben Minuten, um zum ersten Angriff zu kommen. Weitere sieben Minuten später klingelte es leider im Potsdamer Tor. Lisa Schmitz, die im weiteren Spielverlauf etliche Glanzparaden vorm Tor und ganz weit vorm Tor zeigte, war hier eigentormäßig vom Pech verfolgt – und Anna Blässe wurde in den Medien als Torschützin gefeiert. Im Stadion gab es dazu keine Ansage.
Aber es dauerte keine weiteren sieben Minuten, sondern nur lächerliche sechs, als Potsdam antwortete und die, heute in Bestform aufspielende Tabea Kemme für den Ausgleich sorgte.

1:1 zur Halbzeitpause – völlig passend und spielspannend hoch zehn. Die Sonne und die trockene Kehle taten ihr Übriges. Ein begeisterndes und ausgeglichenes Spielgeschehen – und die interviewte Wob-Person sprach in der Halbzeitpause von einem „Ich hoffe auf ein 2:1“ – Betonung auf „hoffen“. Die Demut kehrte in Wolfsburg ein, nachdem das erste Gegentor der Saison kassiert worden war.

Auch die zweite Halbzeit belohnte alle Frauenfußballfans im Stadion oder vor den drei spielübertragenden Fernseh- oder Internet-Kanälen. Hier konnte man heute richtig fette Werbung für den Frauenfußball genießen.

Nach einem Potsdamer Abwehrfehler gingen die Wölfinnen wieder in Führung, als Harder in der 73. Minute für das 2:1 sorgte. Aber Potsdam -wie gesagt, nicht Madrid- benötigte diesmal nur vier Minuten um zu antworten. Frech und athletisch elegant rappelte sich Tabea Kemme, die gemeinsam mit der Torhüterin Almuth Schult am Boden lag, als erste wieder auf und umspielte Schult – ein Tor mit Seltenheitswert. Jedenfalls außerhalb von Wolfsburg. Die Fans jubelten euphorisch und sangen „Danke, Almuth, danke!“ Na ja, das ist nicht so schlimm wie der „Almuth hat den Ball“-Gesang, den der damalige Cheftrainer von Potsdam stark kritisiert hatte. Oder?
Nach diesem Ausgleichstor jaulten die Wölfinnen auf und legten eins drauf. Jetzt begannen über zehn Zitterminuten, die aus Potsdamer Sicht kaum auszuhalten waren. Wolfsburg ballerte unentwegt auf Lisas Gehäuse – und vergab glücksselig eine Chance nach der anderen. Selbst der Pfostenknaller litt unter einen falschen Winkelberechnung, sodass der Ball wieder aufs Spielfeld hüpfte. Erst in den letzten Spielminütchen fand auch Potsdam wieder den Weg in die gegnerische Hälfte und ließ den einen oder anderen kühnen Fan-Gedanken auf ein 3:2 aufkeimen.

Nach nur (zum Glück!) einer Nachspielminute entdeckte die Schiedsrichterin ihre Pfeife und die Jubelei brach los. Ein Unentschieden kann sich unterschiedlich anfühlen. Gegen Bremen erschien das Pünktchen wie eine gefühlte und frustrierende Niederlage, gegen Wolfsburg jedoch wie ein Sieg!
Pure Almuthion!

Potsdam ist nun in der Tabelle noch einen Platz weiter abgerutscht – aber die Fans sind beseelt. Unglaublich – oder? Weil Potsdam eben nicht Madrid – und schon gar nicht Wolfsburg ist.

Auf der Rückfahrt gab es nach all dem Angestoße auch eine Geldsammlung für den Nachwuchsbereich von Turbine Potsdam. Die Spendendose trug aufrecht und wacker das Torwartmädchen Celine aus der E bzw. D-Jugend durch den Mittelgang des Fanbusses – und sage und schreibe kamen 300€ zusammen!

Danke, Fans!

Nun steht eine Länderspielpause an. Am 30. Oktober sehen wir uns wieder, zum Heimspiel gegen Frankfurt. Schauen wir mal. Aber alles wird gut.

Text: Susanne Lepke
Fotos: Susanne Lepke, Marco Haase, Brigitte Grantzow




Potsdam unterliegt Wolfsburg – 3082 Dankesgrüsse nach Frankfurt

Spielbericht zur BL-Partie Turbine Potsdam gegen VfL Wolfsburg am 7. Mai 2017

 

„7. Mai – ich bin dabei!“- sagten sich 3082 Zuschauerinnen und Zuschauer, um am vergangenen Sonntag trotz der Liveübertragung im rbb-Fernsehen live im Stadion dabei zu sein. So kam es zu sichtbaren Rudelbildungen vor dem Stadioneingang, lange Schlangen galt es selbst während der 1. Halbzeit noch abzufertigen. Ein fantastischer Zuspruch für das „Rudolphsche Rudel“, das ebenbürtige „Wölfinnen“ zu Gast hatte.

Spitzenspiel im „Karli“, Tabellenzweiter gegen Tabellenerster. Kampf um die Meisterschaft, Kampf für die innere Genugtuung. Denkt man an die vorangegangenen Duelle zurück, wird der Mund in Potsdamer Gesichtern doppelt so breit. In der Hinrunde ein 0:1-Auswärtssieg in Wolfsburg, der an einem Mittwochabend im menschenleeren Wolfsburg zwischen widerhallenden Beton- und Glasfassaden heftig gefeiert wurde. Oder dieser 5:2-Auswärtssieg am Nikolaustag, oder der 4:0-Heimsieg in der letzten Saison – eines der Abschiedsgeschenke für Bernd Schröder. Unvergessen, Stolz machend, Zuversicht ausströmend.

Diese hübschen Erinnerungen an Zeiten, als die Wölfinnen jaulend den Platz verließen, wurden gestern mit einer herrlichen Maisonne verziert. Bestes Fußballwetter, viele bunte Menschen, darunter ca. 150 hellgrüne – und zu wenig Stadionbier. Mit dem Massenandrang war der Caterer maßlos überfordert, deshalb schon mal die Prognose für den kommenden Sonntag, dass beim Spiel um die Championsleague-Qualifikation gegen Bayern München wieder ganz, ganz viele Menschen mit Bier- und anderen Dürsten ins „Karli“ hineinschwemmen werden.

Wer eher auf einen Sonntagsnachmittagskaffeetisch aus war, wurde von der Schulklasse des Herrn Rudolph mit einem Kuchenbasar versorgt.

Der Fanclub „Turbinefans“ initiierte am Stadioneingang eine Spendenaktion für Lisa Görsdorf vom 1.FC Union Berlin Frauen, die in ihrem blutjungen Alter mittlerweile zum zweiten Mal an Krebs erkrankt ist. Insgesamt kamen erstaunliche 1.185,06€ zusammen, selbst der VfL Wolfsburg gab spontan 200 € aus seiner Mannschaftskasse dazu. Diese Geldspende wird am 21. Mai zum Spiel der 2. Bundesliga: Turbine Potsdam II gegen 1.FC Union Berlin (in Potsdam-Waldstadt) übergeben.

Neben Kuchenbasar und Spendenaktion galt es auch noch, im Auftrag des DFB die Altersstruktur der Frauenfußballgucker per Fragebogen zu erfassen. Quizfrage: Wie alt war der älteste Besucher des Spitzenspiels? (Auflösung unter dem Text)

Nun aber zum Spiel an sich: Fiebrige Aufgeregtheit, zeitverzögertes Warten auf den Anpfiff – denn das Fernsehen bestimmt, wann der Anpfiff ertönt, und nicht die Schiedsrichterin … Zeit, um die Ehrengäste zu begrüßen: die DFB-Nationaltrainerin Steffi Jones, den Oberbürgermeister Jann Jakobs, den Bildungsminister Günter Baaske.

Es entspann sich ein schnelles und kampfbetontes, aber unerwartet faires Spiel! Die erste Torchance in der 3. Minute erarbeitete sich Potsdam, als Jojo Elsig nur knapp über das vernetzte Revier von Almuth Schult köpfte. Dann jedoch die totale Ernüchterung, als die Schiedsrichterin bereits in der 6. Spielminute auf den Wob-Elfmeterpunkt zeigte. Caroline Hansen nutzte diese Chance souverän, 1:0 für Wolfsburg, im Heimspielstadion!

Das Erfreuliche war aber, dass vor und nach dem Torelfmeter kein akustischer Unterschied auf den Fanrängen zu hören war. Auch die „Torbienen“ selbst verfielen nicht in Schockstarre, sondern schüttelten sich kurz und rannten weiter. Schlagabtausch im Mittelfeld, Torchancen auf beiden Seiten, Spielspannung pur, Adrenalinausstöße im Millisekundentakt! Die Wolfsburger Stürmerin Ewa Pajor spielte grandios. Aber auch die Torbienen zeigten zum Teil gewitzte Spielzüge und ließen erahnen, selbst unter Druck das Denken nicht zu vernachlässigen. Und dann startete in der 29. Minute Tabbi Kemme im Alleingang durch den Wolfsburger Strafraum und schoss das Ausgleichstor. Verdient, kreischend umjubelt – und ein gerechter Halbzeitstand.

In der 2. Halbzeit folgte eine analoge Wiederholung der Startphase: Wummkrachbumm! Kaum angepfiffen, kommt es in der 48. Minute zu einem „Luller“-Tor – 2:1 für Wolfsburg. Anna Blässe nutzt einen Fehler der Potsdamerinnen gnadenlos aus und steht leider an der richtigen Stelle parat. Ärgerlich, blöd, total doof! Aber Potsdam kämpft weiter, auch wenn dieses Tor einen tieferen Schnitt in die Wunde darstellt.

Und die Partie verläuft weiterhin fair. Bei der „Oscar-Verleihung“ ging Alexandra Popp in diesem Jahr erfreulicher Weise leer aus. Die Wölfinnen hatten das sofortige Aufstehen nach Zweikämpfen irgendwie geübt. Es wurde auch kaum gemeckert, höchstens von der Wolfsburger Trainerbank aus.

Als das dritte Tor durch die Wölfin Tessa Wullaert in der 57. Minute fiel, war man sich auf den Fanrängen optimistisch einig, dass noch viel Zeit sei, denn die „Torbienen“ spielten auf Augenhöhe mit. Doch als das Anschlusstor in den nächsten Minuten nicht fallen wollte, saßen plötzlich 3082 Trainer im Stadion, die als unmittelbare Antwort auf das 1:3 eine frühzeitigere Auswechslung forderten. Rudolph entschied sich jedoch erst in den letzten 10 Spielminuten für diese mannschaftsauffrischende Handlung.

Kurios war hierbei eine Beobachtung, als eine „doppelt-grüne“ Nummer 21 auf der Anzeigetafel der vierten Offiziellen aufleuchtete und daraufhin Tabbi Kemme (Nr.21) angefegt kam, um sich der Auswechslung hinzugeben. Grün heißt EINwechslung und doppelt-grün: Einwechslung für Wolfsburg…

Die Turbinefans feuerten ihre Mannschaft unermüdlich an, auch wenn die VfL-Gesänge spätestens nach dem 1:3 meisterliches Oberwasser bekamen. Jedoch erhoben sich in der 88.Minute viele einheimische Fans von ihren Sitzplätzen, um in das „Steht auf, wenn ihr Turbinen seid“ einzustimmen.

Respekt trotz der Niederlage für unsere Mädels! Und Glückwunsch nach Wolfsburg.

Vor der Partie spielte der Tabellenzweite gegen den Tabellenersten, nach der Partie würde immer noch der Tabellenzweite gegen den Tabellenersten spielen. Ein tausendfacher Dank peitscht an dieser Stelle nach Frankfurt, jetzt auch „Dankfurt“ genannt. Der „andere 1.FFC“ hatte an diesem Spieltag die im Potsdamer Nacken sitzenden Bayern mit einem atemberaubenden 4:2 besiegt, sodass Bayern nicht an Potsdam vorbeiziehen und die Europafahne vorzeitig hissen konnte.

Der „gesetzliche“ Europatag wird in diesem Jahr am 9. Mai gefeiert, im „Karli“ werden jedoch die Feierlichkeiten auf den 14.Mai vertagt, wenn die Bayern in Potsdam zu Gast sind. Mögen sich wieder so viele Menschen auf den Weg machen, um die „Torbienen“ auf dem Weg nach Europa zu stärken!

Vorher geht es am Mittwoch noch nach Leverkusen, bitte die Hausaufgaben erledigen!

Wir sehen uns bei Maisonne, einigen Hopfentropfen und purer Spielspannung am 14.Mai zum Spiel: Turbine Potsdam gegen Bayern München!

Text: Susanne Lepke

Fotos: Susanne Lepke


Auflösung der Quizfrage. Der älteste Zuschauer war 91 Jahre alt.

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Etwas zum Grünärgern

Spielbericht zum BL-Spiel Vfl Wolfsburg gegen Turbine Potsdam am 02.11.2016  – von Susi –

 

In keinem anderen Stadion wird man vom Stadionsprecher so ungastlich empfangen wie in Wolfsburg. Diese Erkenntnis ist nach mehreren Besuchen im Stadion am Elsterweg und im AOK-Stadion gereift. Die Stadionansagen enthalten eine spürbare Ignoranz gegenüber den Gästen, man kümmert sich ausschließlich um sich selbst. Das wirkt unhöflich und auch unsportlich.

Indizien dafür waren bei diesem Mal die fehlende Begrüßung der Gästefans durch den showheiteren Stadionsprecher, dazu die im runterratternden ICE-Tempo getätigte Ansage der Mannschaftsaufstellung, die kein Mitsprechen der Spielernamen zuließ sowie die verzögerte Ansage der Torschützin nach dem 0:1. Hier war die Information über eine unmittelbar nachfolgende Spielerauswechslung erstmal wichtiger.

Immerhin machten sich mitten in der Woche 1.600 Zuschauer ins AOK-Stadion zum Flutlichtspielauf, darunter ca. 100 Turbinefans, die lautstark ihren Fangesang „1000 Turbinefans – schalala“ feierten. Überhaupt passte das Potsdamer Spieltrikot mit der brusteinnehmenden, dunkelgrünen AOK-Werbung wie die Faust aufs Auge zu dieser AOK-Spielstätte. Da kam jetzt etwas zusammen, was einfach zusammengehörte.

Unvergessen der 2:5-Sieg im letzten Jahr oder auch der 4:0-Sieg im „Karli“. Zwei ausgedehnte Heuel-Gründe für die Wölfinnen. Aber deren Fans würden auch gemeinsam mit ihrem Verein untergehen, so ein Wortlaut aus dem vielfältigen Angebot an VFL-Hymnen. Jedenfalls lechzt dieser Rückblick nach einer grundlegenden DFB-Spielregeländerung: Nur noch AOk-Auswärtsspiele in WobJ

Nun stand also die erneute Begegnung an, ein vorgezogenes Pflichtspiel auf Antrag des Wolfsburger Vereins aufgrund von Spielerabstellungen zur U 20-WM. Trotz des Mitten-in-der-Woche-Termin war der Fanbus vollbesetzt. Zwei Jenaer Fans waren auch vor Ort – vielen Dank!

Für 8€ war man platziert dabei, Glühwein gab`s nicht, nur Kinderpunsch. Auf den sauberen Toiletten herrschte subtropisches Klima und die Klobrillen waren bedauerlicher Weise nicht grün. Die Starspielerin Caroline Hansen fehlte verletzt, Tabbi Kemme als Pendant leider auch. Und das Überraschende: Anja Mittag war weder in der Startaufstellung gelistet, noch nahm sie auf der Auswechselbank Platz. Dafür durfte man vielen Ex-Turbinen zuschauen: Kerschowski, Peter, Simic und Ariane Hingst zusehen.

Als der Anpfiff ertönte, entspann sich sofort ein kampfbetontes Spiel. jedoch dauerte es 20 Minuten, bis sich Wolfsburg die erste wahre Torchance erarbeitete. Almuth schwitzte, Lisa fror. Und die Turbinefans spürten. Hier geht heute noch was. Sie brüllten und sangen und trommelten, was das Zeug hielt – und fuhren später heiser nach Hause. Auch die Wolfsburger Fans des benachbarten Blocks zeigten Initiative – im Gegensatz zur gegenüberliegenden Tribüne. Das Gesangsrepertoire hatte sich gegenüber dem letzten Jahr erfreulicher Weise erweitert. Da der weibliche Fan-Anteil jedoch dort bedeutend höher als der in Potsdam ist, wurde das eine oder andere textreiche Etwas im eher hochfrequentierten Bereich dargeboten, was zwar engagiert, aber nicht sehr hörgenüsslich klang.

Zurück zum Spiel. Es bereitete von Anfang an unheimlichen Spaß zuzuschauen. Die Turbinen zeigten eine mannschaftliche Geschlossenheit und ein gesundes Selbstbewusstsein, das ganz und gar nicht an die Niederlage gegen Freiburg drei Tage zuvor erinnerte. Lia Wälti präsentierte sich in alter Form, in ruhig-abgeklärter Köpersprache im Mittelfeld agierend und organisierend. Ein kämpferisches Spiel mit guten Torchancen – auf beiden Seiten. Schade, dass Wältis Torschuss an die Latte ging. Wolfsburg machte überraschenderweise einige sehr sichtbare Fehler und zeigte sich nicht so stark wie befürchtet. Sehr erfreulich war, dass Popp diesmal ohne eine Behandlungspause auskam – und das Schult diesmal keine Schuld traf. Wobei Svenja Huth letztere besonders in der 1.Halbzeit immer wieder kitzelte und umgarnte.

Mit einem 0:0 ging es in die Halbzeitpause und die Fans spürten weiterhin: Da geht noch was.

+ + + Breaking Halbzeitnews + + +

In der Halbzeitpause gelang es dem Rainer aus Wolfsburg, den Fußball zielsicher auf eine Veltinsfahne zu lenken. Der Steffi gelang das dagegen nicht. Danach wurde vom Rasen aus mit einer Kanone auf die Fans geschossen. Eine mit einer Gasflasche auf dem Rücken bewaffnete Dame umkreiste das Spielfeld, um mittels ihres Kanonenrohrs T-Shirt-Geschenke abzuschießen. Na ja, gibt’s nur hier in Wob zu sehen. Wer’s mag…

Zwei sponsorige Experten durfte anschließend noch ihren Spieltipp übers Stadionmikrofon kundtun. Nach dem Eindruck der ersten Halbzeit revidierten diese vermutlich auf ein zögerliches 1:0 – eine nette Bestätigung für die Turbinefans… Wer weiß, was die beiden noch vor Spielbeginn gedacht hatten.

+ + + Ende der Halbzeitnews + + +

Dann geschah etwas Ungewöhnliches: Die Turbinen erschienen pünktlich auf dem Spielfeld, um kampfesmutig das Duell fortzusetzen. Auch das Schiedsrichterteam stand parat. Nur der Gegner erschien nicht. Nicht nach einer Minute, nicht nach zwei und auch nicht nach drei. Ein komisch wirkendes, ungewöhnliches Bild.

Nachdem sich die Wölfinnen dann doch den aktuellen Herausforderungen stellten, konnte man beobachten, dass die zweite Halbzeit absolut der ersten Halbzeit ähnelte. Der intensive Kampf wurde fortgesetzt, mal mehr, mal weniger gut von den Schiedsrichterinnen moderiert. Aber so hatte man als Fan auch mal die Chance, ein ironisch-anerkennendes „Ohh!“ bei der einen oder anderen Entscheidung zu brüllen. Die Spielspannung knisterte und Wolfsburg stand in der Abwehr dicht und sicher – bis Aigbogun in der 62. Minute zum Feiern einlud. Einfach nur fantastisch – die Turbinen gingen in Führung! Ausgelassene Partystimmung im blauen Bereich. Schade war, dass Ese Minuten später, in kurzer Distanz vorm Tor stehend, dann das Selbstvertrauen fehlte, erneut einzunetzen. Schade auch, dass Jojo den Kopfball zu einem möglichen 0:2 verpasste und auch Svenjas Torschuss umgelenkt werden konnte.

Der Minutenzeiger tickte unermüdlich auf der giftgrünen Leinwand. Ab der 80. Minute war die Spannung kaum noch aushaltbar. Die Wölfinnen begannen heftig die Zähne zu fletschen. Aber auch Bernauers Riesenchance kurz vor dem Spielende nahm kein ausgleichendes Ende.

Nach wiederholten „Abpfeifen“-Rufen seitens der Fans und Schiedsrichterblicken auf die Uhr ertönte die pfeifende Erlösung – ein knapper und verdienter Sieg für die Turbinen. Rasch leerte sich das Innere des AOK-Stadions, nur 100 blaue Menschen blieben – und sangen – und feierten. Von „Spitzenreiter“ über „Auswärtssieg“ und „Sieg!“ und „Wolfsburg ist ein Punktelieferant“ und „Oh, wie ist das schön“ und … eine besagte halbe Stunde lang, während außer der sich auslaufenden Mannschaft und ein paar genervter Ordner niemand zuhörte. Spätestens jetzt war das AOK-Stadion dort, wo es hingehörte – bei den dazugehörigen Spielertrikots. Fest in blauer Hand.

Nach dem halbstündigen Abgefeiere, dem der Potsdamer Trainer verhalten-schüchtern aus der Distanz zuwinkte, aber nicht hinzutrat, war die Toleranzgrenze der Ordner erreicht. Schlüsselbundklappernd verwiesen sie die Turbinefans des Stadions. Dafür boten die gläsernen Neubauten und Betonbrücken rund ums Stadion eine perfekte Akustik. Lautstark fanden die Fans ihren Bus und ihre Autos wieder – eine feuchtfröhliche Heimfahrt war garantiert. Auch die Feierlichkeiten zum 43. Hochzeitstag, den ein Fanpärchen an Bord des Fanbusses beging, konnten mit der Siegesgabe intensiv fortgesetzt werden. X-mal wurde auf die Turbinen angestoßen.

Oh, wie war das schön!!! Danke, Mädels!

Text: Susanne Lepke

Fotos: Beatrice Martens, Susanne Lepke 




Abschiedsrausch

Spielbericht zum BL-Spiel TP – Vfl Wolfsburg am 8.Mai 2016 – von Susi –

 Das war oberaffenhammermegasuperspitzenmäßiggeil!

Als „unerwartet“ wurde der Sieg nüchtern in der einschlägigen Presse bezeichnet. Das Fußballfest, das im heimischen „Karli“ am 8.Mai zelebriert wurde, stellte das letzte Heimspiel des „Turbine-Gesichts“ Bernd Schröder in seinem 45-jährigem Lebenswerk dar. Nun möchte er nach seiner Aussage ein Jahr lang nicht mehr das „Karli“ betreten…

An dieser Stelle gleich mal der geliebte Konjunktiv: Hätten die Turbinen die gesamte Saison ausschließlich gegen Wolfsburg gespielt, wären sie Deutscher Meister gewordenJ Im Hinspiel bereits der geschmeidige, fanseligmachende 2:5 – Auswärtssieg – und nun ein grandioses 4:0. Dieses galt in dieser Saison als höchste Niederlage für „das Auto“ und insgesamt 9 Gegentore aus Potsdam wurden in dessen Kofferraum verpackt.

Herrliches Fußballwetter um die 25 Grad, Sonne, Rückenwind in der 1.Halbzeit, gut besuchtes „Karli“. 3.820 Zuschauer hatten sich auf den Weg gemacht, um zum 45.Vereinsgeburtstag eine Sitzplatzkarte für 4,50 € oder einen Stehplatz für 45 Cent zu erwerben – eine witzige Zahlspiel-Idee des Vereins. Der anvisierte Zuschauerrekord wurde dabei jedoch nicht geknackt, was aufgrund der aktuellen Saisonleistung auch nicht verwunderte. Wer besucht beim besten Wetter die Turbinen, um trotz Sonneneinstrahlung das Leid und die Tränen beim Ertragen einer Wolfsburger Klatsche mit anderen Fans teilen zu müssen?

Jedoch entschieden sich doppelt so viele Zuschauer wie gewöhnlich, dem „Abschiedsspiel“ für Bernd Schröder beiwohnen zu wollen. Und alle, die sich – aus welchen Gründen auch immer – auf den Weg ins „Karli“ gemacht hatten, wurden reich belohnt.

Während des Einzugs der Mannschaften und der Verabschiedung von drei Spielerinnen: Szaj, Nagasato, Krso (letztere nicht mehr anwesend), durch den Verein und die Fans, bei der u.a. blaue Rosen und gerahmte Foto-Collagen überreicht wurden, gab es im Steh- wie auch im Sitzplatzbereich zwei Choreos. Bernd Schröder selbst hatte sich keine Abschiedszeremonie gewünscht und ließ diese Bitte vor Spielbeginn auch nochmal öffentlich und in ernster Vortragsweise verlesen. Dieser Wunsch nach einem „stillen Abgang“ ohne Brimborium stieß nicht bei allen Medienmachern auf Verständnis, indem sie bereits im Vorfeld eine offizielle Erklärung des Vereins lautstark vermissten und kritisierten.

Auch das ist Schröder: Die Bitte eines Einzelnen wiegt schwerer als das „Pressegesetz“;-)

Dann ertönte der Anpfiff und erfreulicherweise konnte man als Turbinefan nach den ersten fünf Minuten immer noch hinschauen. Da hoppelten nicht lauter kleine Kaninchen zitternd vor der Schlange umher, sondern da spielten 10 blaugekleidete Mädels tatsächlich souveränen Fußball! Tabellenachter gegen Tabellenzweiter. Der CL-Finalist Wolfsburg lief Gefahr, die Turbinen zum zweiten Mal in dieser Saison zu unterschätzen.

Und als dann der Jubelschrei zum 1:0 durchs „Karli“ fegte, war das unglaublich! Eigentlich hatte Almuth Schult den Ball doch bereits im Griff – oder war sie tatsächlich schuld? Ein Twitter-Video der Torschussszene wanderte kurz danach durch die Fanblockreihen und zeigte ganz offensichtlich, dass die Welttorhüterin hier überhaupt nicht „weltlich“ aussah. Die Turbinefans ließen jedenfalls wieder mal die Dampflok durchs „Karli“ tuckern, wobei sich im Nachhinein herausstellte, dass nicht Svenja Huth, sondern Tabea Kemme das erste Tor zugeschrieben wurde. Auch gutJ

Da die grün-weiß bekleideten Gäste ihre 100%-igen Torchancen nicht nutzen wollten, blieb es zur Halbzeitpause beim atemberaubenden 1:0.

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Während der Halbzeitpause wurden der „Fan des Monats“ auf dem Spielfeldrasen mit kiloweise Eberswalder Wurst geehrt. Zu den Nicht-Vegetariern gehörten diesmal Beatrice und Dieter Martens, der Fanbuskoordinator Hartmut Feike und der jahrzehntelange Hardcorefan Lutz Noeske.

Und dann folgte das Fußballfeuerwerk! Das 1:0 sollte als Abschiedsgeschenk für den Trainer nicht langen. Die Mädels spielten heute tatsächlich FÜR ihren Trainer, zeigten sich mannschaftlich extrem geschlossen, kämpften allesamt im mentalen Übermaß und hatten mit dem 1:0 an Selbstvertrauen zugelegt, sodass begeisternde Zweikämpfe und Spielzüge entstanden und das Euphoriefeuer loderte. Die für Illaria Mauro eingewechselte, blutjunge Laura Lindner sprintete flugs auf Pauline Bremers Spuren, indem sie couragiert innerhalb die Führung von 8 Minuten mit einem Treffer zwei und einem Treffer drei untermauerte. Das Zusammenspiel mit Tabea Kemme klappte hierbei hervorragend.

Die ca. 20 mitgereisten Wolfsburger Fans verstummten, die Potsdamer Fans liefen dagegen zur akustischen Höchstform auf. Nach den Spitzenparaden von Lisa Schmitz und dem unglaublichen 4:0-Treffer von Feli Rauch waren die Fans nicht mehr zu halten und stimmten „Oh, wie ist das schön…“ an. Überpünktlich pfiff die Schiedsrichterin das Spiel ab, die sich ebenfalls die Tränen aus den Augen wischte.

Ein wahres Abschiedsgeschenk für Bernd Schröder, das in seinem Zustandekommen unerklärlich war. Eine Woche zuvor hatten die Turbinen noch gegen einen Absteiger verloren – und heute fegten sie mannschaftsgeschlossen übers Feld. Tja, Fußball ist eben keine Naturwissenschaft, so ein oft zitierter Schröder-Spruch.

Und dann überschwemmte die Welle der Emotionen das „Karli“. Schröders letztes Heimspiel nach 45 Jahren – ohne Abschiedszeremonie undenkbar! Die Pressekonferenz wurde nach draußen verlagert, ein kluger Schachzug der Organisatoren, denn so war der „stille“ Fluchtweg in die Kabine für Schröder versperrt.

Der Oberbürgermeister Jann Jacobs hielt eine kurze und euphorische Rede, bevor er Bernd Schröder den Füller zum Eintrag ins Goldene Buch der Stadt reichte. Dann erklang das „Steigerlied“, aus Schröders Sicht der emotionalste Moment an diesem Tage. Mit Tränen in den Augen, seine Frau umarmend, sang er mit voller Stimme seine „Hymne“. Die Fans hatte vorher heimlich die Liedtexte verteilt bekommen und stimmten in den Stadionchor ein. Anschließend überreichten ihm die Turbinefans von Herzen kommende und hoffentlich zu Herzen gehende Abschiedsgeschenke:

  • die Ehrenmitgliedschaft im Fanclub „Turbinefans“ mit der Mitgliedsnummer 1
  • ein 80-seitiges Fotobuch mit Abschiedsworten und -briefen der Fans und
  • „Material“ zum Erreichen einer fußballfreien Reiseinsel, um nun die vielen anderen, lebenswerten Dinge genießen zu können.

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Die Schar der Gratulanten riss nicht ab – und doch handelte es sich hierbei nicht um eine pompös inszenierte Abschiedszeremonie. Vermutlich am Ende ganz in Schröders Sinne.

Ein emotionaler Moment war außerdem die Geste des Cheftrainers, als er sich tiefergebend vor dem Fanblock verbeugte. Es gibt eben nur einen Bernd Schröder!

Das Fanfest hinter dem Stadion wurde gut besucht, schließlich gab es etwas zu feiern und zu hüpfen. Die Schlange zur Autogrammstunde riss nicht ab und die Kindermusik von „Radio Teddy“ irgendwann unerträglich.

Abschließend gilt es hier Danke zu sagen, nicht etwa an Bernd Schröder, sondern gegenüber den Fans, die sich aktiv in die Vorbereitung des Schröderschen Abschieds gestürzt und sich mit Fotos, Texten, Geldspenden und zeitaufwändigen Bastelaktionen beteiligt haben.

Dank auch an den Verein, insbesondere an Stephan Schmidt und Luisa Müller, für die funktionierende Fan-Kommunikation.

Manche Fans werden sich beim letzten BL-Spiel in Bremen noch ein letztes Mal wiedersehen und Bernd Schröder wiederholt applaudieren. Den anderen Fans sei an dieser Stelle ein wunderschöner Sommer gewünscht.

Text: Susanne Lepke

Fotos: Susanne Lepke