Emotionsgewitter

Spielbericht zur Partie Turbine Potsdam gegen den SC Freiburg am 13.10.2019

Die Pause in der Flyeralarm-Bundesliga war beendet, die Nationalspielerinnen aus Slowenien, Österreich, Schweiz und Deutschland heimgekehrt. Manche davon im verletzten Zustand wie Rahel Kiwic und Jojo Elsig. Auch Tory Schwalms Verletzung heilte noch vor sich hin und die Torwartfrau Vanessa Fischer klagte über muskuläre Probleme.

Somit wiesen das Tor wie auch die Abwehr ohne Elsig, Kiwic und Fischer große Löcher auf, größer als beim Schweizer Käse. Und da die ehemalige Torbiene Ulla Draws keine Fußballschuhe eingepackt hatte, lehnte sie höchstpersönlich das Löcherstopfen ab.

Das waren alles andere als optimale Bedingungen für die Begegnung der beiden unteren Tabellennachbarn Potsdam und Freiburg, die an einem goldenen Oktobertag zum Spielen aufeinandertrafen.

Fanblockblick 2 (Foto: saspa)

Stopp

Doch sei an dieser Stelle erlaubt, kurz vor dem Anpfiff innezuhalten:

Potsdam verfügt über eine extreme junge Mannschaft, die trotz des bewährten Turbine-Antriebs mittlerweile ganz in Gretas Sinne auf „erneuerbare Energien“ setzt. Die Förderung des eigenen Nachwuchses braucht seine Zeit – und vor allen Dingen Geduld! Es liegt in der Logik der Sache, dass Jugend und Abgeklärtheit kein Memory-Paar sind.

Was macht einen erfolgsverwöhnten Turbine-Fan derzeit glücklich? Wenn er oder sie ein Spiel erlebt, in dem mit Leidenschaft gekämpft worden ist. Selbst Niederlagen kann man dann ertragen und aufmunternd-beschützende Worte für die jungen Spielerinnen finden.

Schauen wir somit mit Geduld und Gelassenheit auf den „Energiewandel“ und vertrauen wir den Menschen, die tagtäglich ihre Energie (und Kohle) in die große Sache stecken.

Das Trainerteam im Rücken – Anna geht ihren Weg (Fotos: sas)

Weiter

Und nun zum Anpfiff:

Fast 1.500 Zuschauer_innen wählten das „Karli“ als Ziel ihres Sonntagsspaziergangs und sollten Ungewöhnliches erleben… Die Potsdamer Presse hat diese Partie im Nachhinein als „Achterbahnfahrt“ betitelt. Diese Metapher ignoriert jedoch die erste Halbzeit, denn diese enthielt keine Loopings. Die Qualität der ersten Halbzeit stand im Zeichen einer gravierenden Erniedrigung im heimischen Stadion. Sie gestaltete sich als eine Bahnfahrt mit Triebwerksschaden, versackend im Nirgendwo der Brandenburger Wüste.

Abklatschen (Fotos: sas)

Doch Step by Step:

In der 3. Minute entschied die Schiedsrichterin auf Freistoß für Freiburg. Selbst die gestrauchelte Freiburgerin erschien über diesen Entschluss erstaunt. Rebecca Knaak schien dagegen eher unbeeindruckt und verwandelte den Freistoß zum 0:1.

Doch die Schockstarre löste sich in Windeseile auf, als Anna Gasper kurz danach die Torwartfrau Merle Froms galant umspielte und auf das entleerte Tor zielte.

Und nicht traf.

Um die Tortrefferquote im durchschnittlichen 4-Minuten-Abstand halten zu können, machte sich kurz danach die Freiburgerin Klara Bühl auf den Weg und wählte die erfolgsversprechende linke Seite als Route zum 0:2.

Ääh – wie bitte? Was?

Junge Mannschaft – wissen wir! Verletzungsgeschwächte Abwehr – wissen wir! Unbehütetes Tor – wissen wir! Aber bitte doch nicht so! Eine bittere Schmach deutete sich an, ein Akt kolossaler Erniedrigung im eigenen Stadion! Pure Unlust! Frust.

Moderner Dreikampf (Fotos: sas)

Freiburg überrannte die Potsdamer Scheinabwehr immer wieder über links, man mochte gar nicht mehr hinschauen. Doch dann griff die Co-Trainerin Josi Schlanke nach ihrem Handy, telefonierte am Spielfeldrand mit dem „Publikumsjoker“ und nahm danach einfach und ungestraft die Abkürzung quer über den Rasen (rechte Ecke😉), um Caro Siems persönlich zum Mitspielen einzuladen. Nach fast zweijähriger Verletzungspause sollte zu einem eher ungewöhnlichen Zeitpunkt bereits in der 26. Minute eingewechselt werden. Zadrazil rückte zum Löcherstopfen in die Abwehr und Siems machte genau dort weiter, wo sie vor zwei Jahren aufgehört hatte. Sie wirbelte, zauberte, pulsierte.

Sie ist wieder da!!! (Fotos: sas)

Doch dann „verliebten“ sich die Turbinefans in Freiburgs Nr.11 namens Kayikci, die mit ihren Fallkünsten nicht nur das Publikum, sondern auch die Schiedsrichterin hochgradig „beeindruckte“. Und als die Schiedsrichterin in der 30. Minute auf den Elfmeterpunkt für Freiburg zeigte, grollte wahrer Unmut aus Fanblöcken und Buh-Rufe ertönten. Rebecca Knaak trat an und traf.

Klara diskutiert im fließenden Deutsch (Fotos: sas)

Sarah Zadrazil erntete wenige Minuten später fürs Meckern hinsichtlich der Schiedsrichter-Entscheidungen eine gelbe Karte. Auch Klara Cahynova bündelte sämtliche deutsche Vokabeln, um für eine Diskussion mit der Schiedsrichterin gewappnet zu sein. Und die vierte Offizielle redete sich den Mund fusselig, um den emotional überbordenden Trainer Rudi zu beruhigen.

Fakt war ein Halbzeitstand von 0:3, ein Spiel ohne Turbine-Antrieb, noch schlechter als das Spiel gegen die SG Essen. Die ersten Fans stornierten ihre Fanbusfahrt nach Bayern.

Welch Drama! (Fotos: sas)

Die Qualität der Halbzeitpause

Qualität hatte dagegen das Halbzeitspiel für die Fans, die zu dritt darin wetteiferten, wer den Ball in nächster Nähe zum Anstoßpunkt schießen konnte. Es lagen jede Menge Bälle unweit des Mittelpunktes, hier waren wahre Experten am Start.

Achterbahnfahrt – bitte einsteigen!

Während Freiburgs Mannschaft frisch vergnügt und überpünktlich auf dem Rasen stand, verdingten sich die Torbienen ausgiebig in der Kabine. Mit einem 0:3-Rückstand kehrten wenig später ebenfalls auf die Brandenburger Graslandschaft zurück und die Fans überlegten, ob sie sich das Trauerspiel weiter anschauen wollten.

Der Anpfiff zur zweiten Halbzeit ertönte und man spürte, dass sich die Torbienen etwas vorgenommen hatten. Freiburg entschied sich aufs Verwalten, Potsdam aufs Stürmen. Und Lara Prasnikar sorgte für „ein bisschen Frieden“. Nach zwei Dritteln der Spielzeit lupfte sie galant den Ball über Freiburgs Torwartfrau hinweg ins Gehäuse – 1:3. Und nun kopierte Potsdam das Freiburger Erfolgsmodell, denn nur drei Minuten später folgte das nächste Tor – per Elfmeter, getreten von Anna Gasper, als drittältesteste Spielerin (22 Jahre alt) die Verantwortung übernehmend. Sie traf – hey, Anschlusstreffer! Und noch knapp 30 Minuten Zeit!

Potsdam rannte weiter.

Und Freiburg traf.

2:4 durch Verena Wieder. Noch 20 Minuten Zeit.

Zehn Minuten später zauberte Nina Ehegötz ein wunderschönes Tor für Potsdam. 3:4 – noch 10 Minuten Zeit.

Drei Minuten darauf (82.Minute): Anna Gasper kam, sah und traf, nachdem die Fans „Auf geht’s, Mädels, kämpfen und siegen Ausgleich!“ skandierten. Unglaublich, die Torbienen waren tatsächlich nach einem 0:3-Rückstand zurückgekehrt! Sie gaben tatsächlich alles. Luca Graf pumpte, Anna Gasper feuerte, Sarah Zadrazil zirkulierte und Sara Agrez lugte durch ihre Maske. Jetzt standen alle Zeichen auf volle Kraft voraus! Die Flaute der ersten Halbzeit verwandelte sich in einen wahren Hexenkessel. Und als das Publikum mit stehenden Ovationen die Ausführung eines Eckballs in der 90.Minute durch Nina Ehegötz klatschend begleitete, kann man von einer seltenen Beobachtung sprechen. Leider fruchtete dieser nicht, aber die Mädels kämpften und tanzten auf den Wogen der anfeuernden Masse.

Vereint im Kampfesjubel (Fotos: sas)

Dann ein Konter.

4:5.

Rebecca Knaak.

Schlusspfiff.

Bitteres Ende.

Kampfesstolz.

Jojo fehlte (Fotos: sas)

Und die Fans steigen vollzählig in den Fanbus nach München und freuen sich auf eine hochmotivierte Kampfmoral der Torbienen. Bayern ist besiegbar geworden. Auch ohne Maskottchen.

Text: Susanne Lepke

Fotos: Saskia Nafe (sas), Christian Nafe (saspa)Vielen Dank!




Lange Reise mit Unverständnis und Unentschieden – Spielbericht Freiburg-Turbine Potsdam vom 24.09.2017

Wenn keine Spielverlegung mehr auftritt, dann war am Sonntag die erste von zwei Auswärtsfahrten ohne Fanbus pro Saison. Ich buche immer separat und bin also hin sowie zurück allein unterwegs. Dieses Mal im Freiburger Möslestadion angekommen, hatte ich dass Gefühl, dass noch weniger Turbine-Sympathisanten als sonst da waren. Ob es an den durchwachsenen Leistungen gegen Jena und in Duisburg oder der Bundestagswahl lag, lässt sich nicht feststellen und ist im Nachhinein auch egal.

Seit dem, trotz Sieges, miserablen Spiels im Duisburger PCC-Stadion gab es die grandiose WM-Quali mit einem 1:0-Selbsttor gegen Tschechien als Höhepunkt. Ein Glück, dass ich diese Partie genau wie die Slowenien-Begegnung nicht sehen konnte. Das über Presse, Funk und Fernsehen Gemeldete hat mir gereicht. Nun also Freiburg.

Da gilt für mich genau dasselbe wie nach Sand: PREIS GEHT VOR SCHNELLIGKEIT, was für die Hinfahrt bedeutete, 21:45 Uhr Flixbus. Die Reise war mit viel Schlaf, wenig Essen und noch weniger Lesen verbunden. Am Ende hatte der Doppelstockbus sogar knappe zehn Minuten Verfrühung.

Vom Spiel wäre schnell erzählt, wenn sich die letzten zwanzig Minuten vor Anpfiff nicht unglaublich gestaltet hätten. Da ich mit meinem Bericht knapp zwei Tage später schreibe, weiß ich nicht, ob sich schon in den einschlägigen Kreisen herumgesprochen hat, was da passiert ist. Wer das Möslestadion kennt, weiß, dass die Turbine-Fans immer auf der Haupttribüne auf Höhe der Mittellinie sitzen. Bis zum besagten Zeitpunkt war alles in Ordnung, bis uns Ordner bedeuteten, wir dürften dort nicht bleiben und bei Nichtfolgeleistung drohten sie mit Erscheinen der Polizei und der Managerin. Letztere kam wirklich, als wir uns weiter weigerten, einen Standortwechsel vorzunehmen. Entgegen Ihrer freundlichen Begrüßung im Programm auf Seite 5: „Der Mannschaft des 1. FFC Turbine Potsdam, Trainer Matthias Rudolph sowie den mitgereisten Fans gilt mein herzlicher Willkommensgruß hier in Freiburg“, meinte Frau Bauer recht rüde, hier wäre kein Gästeblock und als Bimbo und Bernd Geräusche mit den mitgebrachten Klatschpappen erzeugten, reagierte sie noch säuerlicher: So etwas wäre hier nicht erlaubt. Bisher war ich immer sehr angetan von den Spielen in Freiburg (außer bei Turbine-Niederlagen), aber dies hatte ich noch nicht erlebt. Wenn es einen Gästeblock geben sollte, den es bisher nie gab, muss man das vorher kundtun und nicht erst kurz vor Spielbeginn. Frau Bauer ist schon ewig SCF-Managerin und hat sich bisher noch nie über uns Turbine-Fans beschwert, warum ausgerechnet am 24. September 2017? Die angedrohte Polizei hätte sich bedankt, wenn sie wegen solcher Lapalie tatsächlich erschienen wäre. Ohne ihr Ziel erreicht zu haben, ging Frau Bauer dann ergebnislos wieder weg, sichtlich zerknirscht. Und wir blieben sitzen und haben dann durch unser Verhalten auch keinen weiteren Anlass zu Klagen aus Freiburger Sicht gegeben.

Wie oben bereits erwähnt, lässt sich das Spiel kurz zusammenfassen. Wieder viele Chancen liegengelassen. Dazu kam, dass die seit längerem außer Form befindlichen Ese und Feli für fast alle Potsdam-Anhänger unverständlich weiterhin von Beginn an spielen durften. Aber die später eingewechselten Ehegötz und Schwalm waren auch nicht besser und konnten so nicht beweisen, dass sie eine brauchbare Alternative sind. Ob beim 1:1-Ausgleichs-Freistoß Fehler gemacht wurden. will ich nicht beurteilen. Aber aus dem bisher Geschriebenen lässt sich erkennen, dass mit viel Glück das Unentschieden gerecht war, denn Freiburg war der erwartet schwere Gegner, der noch ganz andere Mannschaften ärgern wird, und mich würde es nicht wundern, wenn es am Saisonende gar ein CL-Platz werden wird.

Text: Lutz Noeske
Bilder: Peter Tietze, Beatrice Martens