Tordürre trotz Regen

Spielbericht zum BL-Spiel: Turbine Potsdam – USV Jena am 04.11.2016 – von Susi –

Zu Gast bei Freunden – ein Revival des Mottos der Heim-WM 2006 – nun im „Karli“.

Das obligatorische Ost-Derby stand an – und eine kräftige Revanche, falls man sich an die vergangene Bundesligasaison erinnern möchte: Zwei Begegnungen, zwei Niederlagen für die Torbinen, und in der Abschlusstabelle wurde dem USV auch höflich der Vortritt gelassen.

Nun eine Neuauflage – bei nasskaltem Novemberwetter, mit einsetzendem Dauerregen ab der zweiten Halbzeit. An dieser Stelle schon mal Respekt für die ausharrenden Fans auf den unüberdachten Stehplätzen, die unbeeindruckt mit Hilfe ihrer Regenschirme ausharrten. Und natürlich auch für die pitschnassen Torbinen.

Wenn es keine Verzählerei gibt, war punktgenau eine Fan-ELF aus Jena angereist, mit Unmengen Trommeln, Sticks und Bannern bewaffnet. Eines dieser Banner mit dem Schriftzug „Danke Christian“ nahm Bezug auf die überraschende Trainerabsetzung von Christian Franz-Pohlmann ein paar Tage zuvor. Noch dazu hatte die Ex-Turbine Patti Hanebeck ebenfalls überraschend ihr Karriereende mit vorzeitiger Vertragsauflösung bekanntgegeben. Was ist da bloß los in Jena?!

Bei Turbine war insofern etwas los, dass es vor dem Spiel eine Verlosungsaktion gab, an der alle Vereinsmitglieder incl. frischgebackener teilnehmen durften. Ein Handy im Wert von 350€ wurde von einem Turbine-Sponsor freundlich zur Verfügung gestellt – und der Losglückliche war Sebastian Böhmer, ein absolut treuer Turbinefan. Also wohlverdient und herzlichen Glückwunsch!

Die Turbinen selbst waren von ihrer „Deutschlandreise“ pünktlich und halbmunter zurückgekehrt. Am vergangenen Wochenende in Freiburg zugegen, Mitte der Woche im grünen Wolfsburg – und nun wieder zu Hause im „Karli“. Dazu hatten sich drei Fernsehkameras eingefunden, stand doch heute mal eine Liveübertragung an.

Gut 1500 Menschen hatten jedoch die Fernsehcouch abgelehnt und mit Klappsitzen aus Plastik (oder nicht mal das) Vorlieb genommen und sich ins „Karli“ zum Live-Gegucke aufgemacht. Und es lohnte sich, denn die Turbinen zeigten sich engagiert, spielfreudig, kampfeswillig und „teamig“. Klar spürte man, dass den Spielerinnen noch das Wob-Spiel in den Knochen steckte, aber man konnte mit Freude dem Spielverlauf zusehen. Das Duell fand fast nur in einer Hälfte statt: In der ersten Halbzeit guckten die Bewohner der Sitztribüne geschlossen nach rechts, in der zweiten Halbzeit wurde die linksseitige Blickrichtung vollzogen. Etliche, mit einem Raunen versehene Torchancen durfte beobachtet werden, noch dazu die unzähligen Heldentaten der Torwartfrau aus Jena, Kathrin Längert.

Die Deutsche Bahn hatte 48 min Verspätung, solange dauerte es, bis endlich die Dampflok durchs „Karli“ schnaufen durfte. Svenja Huth erlöste die Turbinen in der 48. Minute mit ihrem Treffer, der dann auch der einzige blieb. Einen weiteren „Torejubel-Olé-Gesang“ gab es seitens der Fans nach der 59. Minute: Mönchengladbach war es mit einem Traumtor durch Madeline Gier gelungen, im parallelen Bundesligaspiel den Ausgleich zum 1:1 gegen Wolfsburg zu erzielen. Die Freude darüber währte 20 Minuten…

Obwohl das knappe 1:0 noch länger als in Wolfsburg verteidigt werden musste, hatte man als Zuschauer weniger Angst um das Endergebnis als in der Autostadt. Die Turbinen waren fortwährend am Drücker und zeigten sich überlegen. Der einzige Schönheitsfehler war die Tordürre, das 1:0, am Schluss.

Glückwunsch den Mädels – zur andauernden Spitzenreiterschaft.

Nun liegt eine fünfwöchige Durststrecke ohne Bundesliga-Spiel vor uns allen – dank der beiden Spielverlegungen von Wolfsburg und Leverkusen. Erst Mitte Dezember rollt ein Fanbus nach Bayern, zu der Mannschaft, die in dieser Saison auffallend oft 1:0 gespielt hat…

Bis dahin allen eine gute Zeit.

Text und Fotos: Susanne Lepke




Three points under the Rainbow

Spielbericht zum BL-Spiel Turbine Potsdam gegen den SC Sand am 2.Oktober 2016 – von Susi –

 

Das verlängerte Wochenende nutzten 2083 Menschen aus Potsdam und (weiter) Umgebung, um – angestrahlt von der güldenen Oktobersonne – das „Karli“ aufzusuchen. Der magische Saison-Einstieg mit jeweils drei Punkten und je drei Toren in drei Spielen hatte etwas Magnetisches, denn der gegenwärtige Erfolg scheint auch wieder mehr FF-interessierte Zuschauer nach Potsdam-Babelsberg zu ziehen.

Der Vorstand von Turbine Potsdam betreute vor dem Stadion persönlich einen Mitglieder-Werbe-Stand, das Stadionheft ging weg wie warme Semmeln und der Fanshop lockte mit einer neuen Fan-Kollektion und hatte es zur Freude mancher Fans sogar geschafft, den neuen Katalog per Post an die persönliche Anschrift zuzusenden. Herzlichen Dank!

Bei bestem Fußballwetter wurde die Mannschaft aus Sand, einem kleinen Ort in Baden-Württemberg, der so weit entfernt liegt, dass es dorthin nie ein Potsdamer Fanbus schafft, empfangen. Der SC Sand hatte in der letzten Saison ein Ausrufezeichen hinterlassen, in der Bundesliga wie auch beim DFB-Pokalfinale im Mai 2016, als sich die Wölfinnen fast die Zähne an der absolut teamreifen Leistung der Sanderinnen ausbissen. Und auch in Sand hatte es einen Trainerwechsel gegeben: Der bisherige Trainer Alexander Fischinger übergab aus persönlichen Gründen das Traineramt an ein altbekanntes Gesicht der Frauenfußball-Bundesliga, Colin Bell. Dieser schritt wild gestikulierend und schreiend die „Couching-Zone“ auf und ab, diesen wilden Eindruck hatte man aus den vorhergehenden Frankfurter Zeiten von ihm nicht gehabt.

Nach drei Spieltagen war der SC Sand noch ohne Gegentor – ein weiteres Achtungszeichen. Und so zeigte sich auch der Spielbeginn. Kampfbetonte Zweikämpfe, kaum Zeit zum Denken und Atmen für die Turbinen, der Sand fühlte sich wie Lehm an… – die Gäste wollten hier im „Karli“ etwas erreichen, das war zu spüren.

In der 13. Spielminute entwickelte sich ein zarter Angriffsversuch, das Turbinepflänzchen begann trotz der Herbstzeit zu keimen – und warf kurz darauf die feingrünzarten Blättchen auch schon ab. Man, äh Frau, tat sich schwer, gegen das bewährte Sander Abwehr-Bollwerk anzukommen. Im weiteren Verlauf der ersten Halbzeit entwickelte sich ein ausgeglichenes und kämpferisches Spiel mit Torchancen auf beiden Seiten – und leider auch zahlreichen Fehlpässen. Mit einem 0:0 ging es etwas frustriert in die Halbzeitpause und nun hatte es auch der letzte Potsdamer Fan begriffen, dass diese Partie gegen Sand keine einfache werden würde.

Während der Halbzeitpause verdunkelte sich der Herbsthimmel dramatisch, die Stehplatzbewohner spannten ihre Regenschirme auf, um kurz darauf doch unter das Seittribünendach zu flüchten – denn es schüttete urplötzlich aus allen Kübeln und Eimern, die Regentropfen lösten ein wahres Trommelfeuerwerk auf dem Tribünendach aus. Ein neuer taktischer Zug von Petrus musste her: Warum nicht mal mit einer kalten Dusche versuchen?

Inmitten dieser nassen Dunkelheit wurde die zweite Halbzeit angepfiffen und fünf Minuten später konnte man eine leichte Schattenbildung auf dem Rasen beobachten. Und dann, ja dann… gab es von der Haupttribüne aus etwas Wunderschönes zu entdecken: Ein leuchtendbunter Doppel-Regenbogen zog sich von der einen zur anderen Eckfahne. Etliche Fans griffen nach ihren Fotoapparaten und Handy-Apps, um dieses Naturschauspiel festzuhalten. Erst, als in der 58.Minute der ersehnte Tortreffer durch nun bereits zwei Torwartfrauen abgewendet wurde, war man wieder vollständig bei der Fußball-Sache. Auf der Linie hatte eine Sander Abwehrspielerin nach einem Strafraumgewusel die Flugroute des Balls doch noch umlenken können.

Kurz danach gab es eine Doppel-Auswechslung bei Turbine, Aigbogun und Kellond-Knight verließen den Rasen, um Draws und Gasper auch mal mitspielen zu lassen. Neue Hoffnung kam auf und ein Fan im Block D meinte prophezeiend, dass Anna Gasper heute bestimmt ein Tor schießen würde. Dann stimmten die Fans ihren Gesang „Eijeijeijei-Turbine Potsdam, wir singen und spielen auf jedem Fußballplatz – ein Schuss – ein TOOOOR!… (Turbine).“ – Der Gesang endet abrupt bei dem Wort „Tor“, denn genau in dieser Sekunde lupfte Anna Gasper über die Abwehr hinweg ins Tor. Unglaublich toll – und erlösend! Endlich konnte euphorisch gejubelt und die Blockfahne entrollt werden.

Danach spielte es sich etwas befreiter, die Turbinen versuchten über beide Seiten immer wieder, ein zweites Tor nachzulegen. Sand hielt jedoch entgegen, sodass das Spiel bis zum Abpfiff spannend blieb. Noch spannender machte es Johanna Elsig, die souveräne Abwehrchefin, als sie in der 82.Minute verletzt ausgewechselt werden musste. Sand drang in den Schlussminuten dermaßen auf den Ausgleich, dass es einem schon beim Zuschauen den Atem nahm.

In den Nachspielminuten hielt es die Fans nicht mehr auf den Plätzen und sie tönten „Spitzenreiter- Spitzenreiter -hey -hey!“, als könnten sie damit den Sekundenzeiger vorwärts treiben. Der ersehnte Schlusspfiff ertönte, was den Co-Trainer von Sand gegenüber der Linienrichterin hitzköpfig werden ließ.

Die saisonale und phänomenale Erfolgsgeschichte aus Potsdam wurde nun um ein weiteres Kapitel weitergeschrieben – vier Siege in vier Spielen – das hat keine andere Mannschaft der „Mitbewerber“ in dieser Saison geschafft.

Und dafür gibt es immer einen Regenbogen als Belohnung:-)

Am kommenden Sonnabend rollt dann ein Fanbus nach Bremen – zum DFB-Pokal-Spiel, der bereits ausgebucht ist.

 

Text und Fotos: Susanne Lepke